06.06.
Um 08:30 Uhr gingen wir zum Frühstück. Die Auswahl war groß, es gab sogar Wurst und Käse. Uns reichte aber das „full scottish breakfast“ und Porridge.
Insgesamt war an diesem Morgen für 15 Gäste eingedeckt worden. Generell war das B&B schon eher ein Hotel. Uns persönlich bereits zu groß, wir sitzen lieber mit Joy in ihrer Küche und frühstücken.
Gestern hatten wir gesehen, dass die Highland Soap Company jetzt einen großen Laden mit Café am Ortsausgang von Fort William hat. Dem statteten wir als Erstes mal einen Besuch ab. Neben den vielen tollen Pflegeprodukten von der Firma gibt es eine Menge netter Dekosachen und auch die Leckereien im Café sahen gut aus. Dort könnten wir mit unseren Neuankömmlingen, dem Skat Club, auch mal vorbeischauen.
Bei Morrisons füllten wir unsere Wasser-, Klopapier- und Küchenrollenreserven wieder auf. Dann schlichen wir etwas am Ufer von Loch Linnhe rum und überlegten, was wir machen sollten. Gegen Nachmittag würde der Skat Club eintreffen und wir wollten deshalb keinen allzu großen Ausflug machen.
Da Tom bis jetzt noch nicht so viel geangelt hatte und ich gerne etwas laufen wollte, entschieden wir uns dazu, nach Ballachulish zu fahren. Unterhalb der Brücke befand sich Hases Lieblingsangelstelle und ich konnte im Ort mal den alten Schiefersteinbruch erkunden.
Als ich auf unserer „Stalker-App“ sah, dass Boris und Petra am Coop in Ballachulish standen, schrieb ich eine WhatsApp, ob wir uns nicht auf einen Whisky treffen sollten?! Als die Zwei nach 10 Minuten die Nachricht noch nicht gelesen hatten, folgte eine zweite…
Mittlerweile hatten Tom und ich das kleine Örtchen fast erreicht und meine Nachrichten waren immer noch ungelesen! Aber wir fanden das Wohnmobil auf dem Parkplatz, klopften „dezent“ an die Tür und wurden überrascht, aber freudig empfangen!
Sláinte, Freunde!! Das wird aber vorerst wirklich das letzte Mal sein. Tschöööööö! Um kurz nach 12:00 Uhr trennten sich unsere Wege.
Boris & Petra = Orkney, Tom = Angeln, ich = Schiefersteinbruch.
Mit dem Abbau von Schiefer in Steinbrüchen wurde rund um Ballachulish bereist 1693 begonnen, nur ein Jahr nach dem Massaker von Glen Coe und 53 Jahre bevor die tragische Schlacht bei Culloden stattfand.
Im 18. Jahrhundert wurden vor allen Dingen die Dächer in den wachsenden Städten Glasgow und Edinburgh mit dem Schiefer gedeckt. 1955 wurde der Abbau schließlich eingestellt und die Steinbrüche stillgelegt.
Es war wirklich interessant dort, nur die Milliarden von Midges gingen mir echt auf den Geist. Die Scheißviecher flogen mir fast in den Mund und ich fuchtelte wild mit meinen Armen vorm Gesicht rum. Sah bestimmt total bescheuert aus!!
Anschließend machte ich mich auf zum Glencoe Lochan Trail. Mit meinem Hasen hatte ich einen Abholpunkt am Ende eines Wanderweges vereinbart.
Gut gelaunt spazierte ich durch den Wald und genoss die Ruhe.
Als die Staumauer des kleinen Sees in Blickweite kam, lief ich freudig den Hügel hoch und… Was war das? Nix mit glitzernder Wasseroberfläche! Nix mit zarten Wellen, die sanft ans Ufer plätscherten! Der See war nur noch ein dunkelbraunes Schlammloch, in dem die drei Inselchen etwas verloren aussahen. Eine Entenfamilie dümpelte auch mehr als unzufrieden in der verbliebenen Pfütze rum.
Der traurige Anblick war aber nicht das Resultat der „Trockenheit“, es hatte sich nur ein Schleusentor, das eigentlich den Wasserstand regelt, verklemmt und das Wasser abfließen lassen.
Verdammt, dann müssen wir da wohl noch mal hin, wenn der See wieder voll ist. *seufz* *lach*
Bis zum vereinbarten Abhol-Treffpunkt war es nun nicht mehr weit. Ich musste nur noch den „leeren“ See entlanglaufen und dann scharf nach links abbiegen. Allerdings fand ich an der angegebenen Stelle auf Maps.me nur einen Trampelpfad, der im recht dichten Wald verschwand…
Ob das der richtige Weg war? Aber mir blieb ja keine Wahl und ich stürzte mich ins Dickicht! Der Weg war bis zu einer gewissen Stelle eigentlich ganz gut zu gehen. Dann lagen allerdings plötzlich die Bäume kreuz und quer über dem schmalen Trampelpfad!! Ich hatte keine Ahnung, wo ich hermusste und das Schlimmste war, dass ich unfassbar nötig Pipi musste!!! So konnte ich mich unmöglich auf den Weg konzentrieren. Zappelnd und von einem Bein aufs andere hüpfend sah ich mich etwas hilflos um! Niemand in Sicht, also Buxe runter und… Aaaaah!!!!
Danach konnte ich mich auch darauf konzentrieren, wo ich hermusste. Einmal unter einem Stamm durchkrabbeln und zweimal über einen klettern. Dann noch das Gestrüpp an die Seite schieben, an zwei großen Wurzeltellern vorbei und noch mal über einen dicken Stamm kraxeln – geschafft! Endlich sah ich eine staubige Schotterstraße, auf die ich wohl musste! Eigentlich hatte ich gedacht, dass das alles Wanderwege waren… Egal, die Waldarbeiter, die mit ihren schweren Maschinen am Straßenrand arbeiteten, hörten kurz auf und ließen mich passieren. Kurz kam mir unsere Steinbruchwanderung in Albanien in den Sinn.
Kichernd traf ich schließlich auf Tom, der bereits auf mich gewartet hatte. Während ich ihm von meinem Trip erzählte, wurde ich plötzlich hektisch und riss mir die Jeans samt Unterhose direkt an der Hauptstraße runter!!! Hilfe!!! Irgendein Vieh hatte sich bei meiner Pipi-Aktion in meine Hose verirrt!!!! „HASE!! HILF MIR!!“
Erst ungläubig und dann sich vor Lachen krümmend stand der Gatte neben mir! Todesblitze aus meinen Augen trafen ihn, was meinen „HASEN“ aber nur noch mehr zum Lachen brachte…
Lediglich ein kleines Stückchen Rinde hatte sich in meine Hose verirrt… Nee, schön SCHATZ!!!!
Auf den Schreck brauchte ich einen Kaffee. So ließen wir uns auf der Sonnenterrasse von „Crafts & Things“ nieder. Scones und Heißgetränke schmeckten gut und kurz telefonierten wir mit Florian (vom Skat Club) und fragten nach ihrem Standort. „Sterling“ war die Antwort und wir Zwei lehnten uns entspannt zurück. Da hatten wir noch Zeit.
Gegen 16:30 Uhr fuhren wir langsam zurück nach Fort William und direkt zum neuen B&B, wo wir herzlich von Donna empfangen wurden.
In der kleinen Unterkunft gab es lediglich drei Gästeräume und somit hatten wir das ganze Haus für uns alleine. Unser Zimmer war super gemütlich eingerichtet und es war wirklich alles da, was man so braucht. Sogar ein kleiner Kühlschrank.
Mit zwei Getränken setzten Tom und ich uns vors Haus in die Sonne und warteten auf die Ankunft von Regina & Florian und Sigrid & Bernd. Hase musste allerdings nach kurzer Zeit in den Schatten flüchten, ihm war es viel zu heiß…
Um kurz nach 18:30 Uhr rollte der Wagen mit den Vieren auf den Hof. Zur Begrüßung gab es natürlich erst mal einen Whisky.
Nachdem sie ihre Zimmer bezogen hatten, spazierten wir gemeinsam ins Dorf und gingen ins „Ben Nevis“. In der Bar mussten wir allerdings noch 20 Minuten auf einen freien Tisch warten. Kein Problem, Bier, Whisky und Cola zischten in der Kehle.
Auch das Essen später war sehr gut und schmeckte allen.
Auf dem Rückweg zum Cottage machten die vier Neuankömmlinge auch gleich die Bekanntschaft mit den gehassten Midges! Willkommen im schottischen Sommer…
Kilometer: 65
Wetter: 21°C, Sonne
Unterkunft: Whinburn Guest House (145 £; 170 € die Nacht)