10.05.
Die Uhr zeigte 06:15 Uhr und wir waren tatsächlich abfahrbereit. Da wir bereits am Vorabend alles erledigt hatten, mussten wir uns nur noch die gut gefüllten Koffer schnappen und in Mamas Wagen steigen. Die brachte uns netterweise zum Dortmunder Flughafen.
Allerdings waren wir so früh dort (07:05 Uhr), dass unser Flug noch nicht bereit war zum Einchecken. Einen Kaffee später waren wir dann unsere Koffer los und passierten ohne Beanstandungen die Sicherheitskontrolle. Der supernette Beamte scherzte, er würde mir mit seinem kleinen Sprengstoff-Teststreifen jetzt erst mal die Kameralinse zerkratzen. Ey!!! Da legte ich aber energisch Einspruch gegen ein. *lach*
Da wir bis zum Abflug um 10:05 Uhr noch über zwei Stunden Zeit hatten, gab es erneut einen Kaffee. Oh je, ich hatte im Auto schon 500 ml Wasser getrunken… Wo waren noch mal die Toiletten?
Dank „Priority“ durften wir mit als Erste in den Flieger steigen. Xhafer, mein kosovo-albanischer Sitznachbar, sprach mich direkt an und gab uns Tipps für den Urlaub. Er war mit einem Freund unterwegs in die Heimat und ich sollte mir auf jeden Fall seine Handynummer notieren, falls wir einmal Hilfe bzw. einen Übersetzer bräuchten. Mega, da fing die oft gelesene albanische Gastfreundschaft bereits in Dortmund an.
Erst um 10:25 Uhr starteten wir Richtung Süden. Eine Maske trugen übrigens so gut wie keine Passagiere (wir schon) und aufgrund der neuen Bestimmungen wollte auch niemand unsere Impfnachweise sehen. Reisen wie früher!
Während Tom immer wieder wegdöste, schwatzte ich nett mit Xhafer. Trotz der Verspätung landeten wir doch noch pünktlich um 12:25 Uhr in Albaniens Hauptstadt Tirana.
Der Flughafen ist wirklich klein. Eingang, Passkontrolle und Gepäckbänder, alles direkt hintereinander auf gut 60 Metern.
Unsere Koffer lagen mit als erste Gepäckstücke auf dem Band. Nachdem wir dann an der Wechselstube Geld getauscht hatten, steuerten wir den Vodafone-Store an. Für 1500 Lek (12,50 €) kauften wir das Touristen-Packet für 21 Tage (15 GB plus 5 GB für Videostream plus Frei-Minuten). Der Mitarbeiter war so nett und richtete mir die Karte direkt ein. Auf meinem mobilen Wlan-Router funktionierte diese aus unerfindlichen Gründen allerdings nicht.
Zum Glück hatte ich mein altes Handy mitgenommen. Sim-Karte rein, Hotspot einrichten und los ging es mit dem Surfen. (Nachtrag: Die Netzabdeckung war hervorragend. Wir hatten nur einmal kurz in den Bergen keine Internetverbindung.)
Dann mussten wir nur noch einen organisatorischen Teil erledigen und das Mietauto abholen. Vor dem Flughafengebäude reihen sich die kleinen Häuschen der Vermieter aneinander. Als wir gerade die Formalitäten erledigten, kam Xhafer auf uns zu. Nachdem er sich vergewissert hatte, dass alles rund lief, verabschiedete er sich von uns.
Mit unserem nicht ganz so sauberen und etwas vermackten weißen Dacia Duster düsten wir Richtung Innenstadt. Auf den ersten Blick sah das Land aus wie jedes andere der südlichen Länder, welche wir bis jetzt bereist hatten. Es gab einige Bauruinen und viele Baustellen, kaputte Häuser, Straßenhunde und ganz normale Gebäude mit Ladenlokalen.
Dank maps.me lotste ich Tom durch den dichten und chaotischen Verkehr. Wir hatten das Gefühl, jeder fuhr wie er wollte und sämtliche Verkehrsregeln wurden recht abenteuerlich umgesetzt. Wer dort bremst, hat verloren. Hupen, Augen zu und durch. Der „Stärkere“ gewinnt!
Zum Glück kamen wir heile am etwas versteckt liegenden Hotel „Vila 15“ an. Nachdem uns das große Eisentor aufgeschlossen wurde, konnten wir auch den zuvor einfach an der Straße abgestellten Wagen auf dem Hinterhof parken. Das Zimmer war einfach eingerichtet und im Großen und Ganzen sauber.
Der Himmel hatte sich etwas zugezogen und es blitzte und donnerte. Regen war allerdings keiner zu sehen, dennoch machten wir eine kleine Erholungspause und starteten erst gegen 15:45 Uhr zu unserem ersten Rundgang durch die Stadt.
Was uns sofort auffiel: In Tirana sollte man immer auch einen Blick nach unten werfen. Die Gehwege sind oft uneben, teilweise gibt es tiefe Löcher oder Kabel / Metallbolzen gucken aus dem Boden. Also immer schön vorsichtig. Links neben unserem Hotel befindet sich die aus dem vermutlich 18. Jh. stammende Gerberbrücke. Als der Fluss Lana kanalisiert wurde, verlor die osmanische Brücke ihre Funktion. Glücklicherweise wurde sie aber nicht abgerissen.
Wir spazierten an der beeindruckenden Namazgja-Moschee vorbei. Sie ist noch nicht ganz fertiggestellt, soll aber mal 4.500 Gläubigen Platz bieten und somit eine der größten Moscheen des Balkans werden. (Nachtrag: Das sonnige Bild ist vom nächsten Tag.)
Für uns ging es vorbei an den Überresten vom Tirana Castle, direkt in den „neuen Bazar“. Die Fußgängerzone „Kalaja e Tiranës“ wurde erst 2018 eröffnet. Die traditionellen, hippen Restaurants und netten Souvenir-Shops überraschten uns. Wow, dort gefiel es uns richtig gut. Dem Freund von Xhafer (der aus dem Flugzeug) scheinbar auch, grüßte er uns doch aus einem der schicken Restaurants heraus. Wie groß war eigentlich die Chance, ihn hier wieder zu treffen?!
Nach der Fußgängerzone trafen wir wieder auf den Fluss Lana und erreichten bald die recht neue Pauluskathedrale (eröffnet 2002). Vor ihr befindet sich ein schlichtes Denkmal von Mutter Teresa, der wohl berühmtesten Albanerin. In der Kathedrale gibt es auch noch ein Mosaik und ein farbenfrohes Fenster mit der albanischen Nationalheiligen.
Ein anderes der Bleiglasfenster zeigt Papst Johannes Paul II. und auch Papst Franziskus hat ein wunderschönes Fenster bekommen. Dieser war auf seiner ersten Auslandsreise 2014 nach Albanien gereist. Noch nie hatten wir in einer Kirche so aktuelle Fensterbilder gesehen.
Direkt gegenüber befindet sich die „Pyramide“, das ehemalige Enver-Hoxha-Museum. Mein Reiseführer ist allerdings nicht ganz so aktuell. Denn der angeblich vor sich hin bröckelnde Betonbau wird gerade aufwendig restauriert, ebenso wie das neben der Pauluskathedrale liegende Hotel Dajti.
Generell wird in der Stadt sehr viel gebaut, sie befindet sich voll im Umbruch und das merkt man an jeder Ecke. Es herrscht irgendwie eine Art Aufbruchstimmung. Interessant war auch zu sehen, dass viele Ladenlokale im Erdgeschoss bereits schick renoviert waren, während es ab dem ersten Stockwerk oft noch nicht mal für einen vernünftigen Putz gereicht hat.
Über den großen Boulevard erreichten wir das Mahnmal „Postbllok“, welches an die Opfer des kommunistischen Regimes und die damals vorherrschende Isolation der Bevölkerung in Albanien erinnert. Es besteht aus einem Bunker, einem Stück Berliner Mauer und ein paar Betonstützen aus einem Zwangsarbeiter-Bergwerk.
Natürlich mussten wir auch kurz am erst 2019 eröffneten „Air Albania Stadion“ vorbei. Ich habe mit Fußball ja nichts am Hut, aber das Stadion macht schon was her! Richtig schick!
Durch den großen Stadtpark liefen wir zum künstlich angelegten See. Der Himmel hatte sich ziemlich zugezogen, aber es war warm genug für ein T-Shirt. Meine Jacke hatte ich aber vorsichtshalber doch lieber mal mitgenommen, ich alte Frostbeule.
Gegen 17:30 Uhr ließen wir uns im Restaurant „Mullixhiu“ nieder. Das hatten wir bei einer Folge „Kitchen Impossible“ gesehen und uns direkt für unseren Trip gemerkt. Das Restaurant ist von einem amerikanischen Magazin 2017 zu einem der zehn besten Restaurants Europas gekürt worden. Die Zutaten bezieht Koch Bledar Kola fast ausschließlich von Kleinbauern aus der Region und die Speisekarte passt sich dementsprechend den Jahreszeiten an.
Wir bestellten als Vorspeise eine leckere Käseplatte und Fli mit Sour Cream und Honig. Fli (oder Flia) wird aus mehreren dünnen Pfannkuchen ähnlichen Teigfladen hergestellt. Diese werden mit einer Füllung aus Butter, Sahne und Schmand übereinander geschichtet. Tom fand es nicht so lecker, mir hingegen schmeckte Fli supergut.
Als Hauptgang gab es einen Salat mit Spinat, Apfel und Käse, Kalbsteak mit Gemüse und Qofte (traditionelle albanische Fleischbällchen). Alles richtig köstlich!
Zum Nachtisch bestellten wir Qumështor (eine Art Milch Flan, Milchkuchen; recht geschmacksneutral…) und Mullixhiu´s Pipe (süße Karamell-Fäden auf einer Keramikpfeife, in der „Boza“ war, ein leicht alkoholisches, süßlich-prickelndes Bier; nicht unsere Welt).
Für das gesamte Essen mit drei Gläsern Wein und einer Flasche Wasser bezahlten wir 5400 Lek (45 €). Da kann man nicht meckern! Für den Rückweg zum Hotel kauften wir noch einen Muffin mit … ich hab´s vergessen… ich glaube, Blaubeeren??
Satt und zufrieden schlenderten wir noch einmal zum Seeufer und genossen die untergehende Sonne samt Mini-Regenbogen.
Den leckeren Muffin futternd gingen wir durch die immer voller werdenden Straßen langsam zurück zum Hotel. Dabei fiel uns einer der grünen Stadtbusse auf, der quer über dem Fluss Lana hing. Es sah fast wie gewollt aus, als wenn er eine Brücke sein sollte?! Die ramponierte Vorderachse war aber schon merkwürdig und dann sahen wir auch die „ACHTUNG-Schilder“. Durch eine kurze Recherche im Internet fand ich später heraus, dass es einen Unfall mit fünf Leichtverletzen gegeben hatte. Gerade einmal elf Tage her.
An einem der vielen Kioske deckten wir uns noch mit Getränken ein (Flasche Wasser 50 Lek; 0,40 € / Dose Cola 70 Lek; 0,60 €) und bestaunten dabei den vollen Kinderspielplatz im Rinia-Park. Es war weit nach 20:00 Uhr an einem Dienstag und bei uns wäre bestimmt nicht ein kleines Kind mehr draußen unterwegs. Aber im Süden gehen die Uhren halt anders.
Wir liefen durch die wirklich nette und nun toll beleuchtete Fußgängerzone „Kalaja e Tiranës“ und waren etwas enttäuscht, dass wir so unfassbar müde waren. Gerne hätten wir irgendwo noch etwas getrunken… Aber morgen war ja auch noch ein Tag!
Einen kurzen Blick warfen wir dann aber doch noch ins Toptani Shopping Center. In dem mehrstöckigen Gebäude gibt es so ziemlich alles, was das Herz begehrt. Von „Intersport“ über einen „1-€-Shop“ (witzig, in einem Land, in dem es eigentlich gar keinen Euro gibt) bis hin zu „Adidas“ und „Yves Rocher“.
Um 21:30 Uhr lagen wir dann im großen Doppelbett. Tom las noch eine Weile, während ich den Bericht schrieb. Irgendwann rief der Muezzin zum Gebet, ab und zu hupte mal ein Auto und unten im Hof lief leise Musik. Ansonsten war es für eine Großstadt recht ruhig. Gute 1 ½ Stunden später schliefen wir beide dann tief und fest…
Kilometer: 22
Wetter: 25°C, bedeckt etwas Sonne
Unterkunft: HOTEL VILA 15 – Center (50 € die Nacht mit Frühstück)